Beziehungen

„In nur zwanzig Minuten hatten sie den ersehnten Punkt des Bedeutsame-Übereinstimmungen-durch-geteilte-Erlebnisse-Feststellens überschritten und den weniger wünschenswerten Zustand des Einander-nur-zu-gut-Kennens erreicht.“

© 2010 Jennifer Egan: Der größere Teil der Welt.

Dauernde Stätte

„Die Dichter behaupten, wir finden für einen Augenblick wieder, was wir einst gewesen sind, wenn wir in ein bestimmtes Haus oder einen Garten eintreten, wo wir in jungen Tagen gelebt haben. Aber das sind sehr gewagte Pilgerfahrten, sie bringen ebensoviel Enttäuschungen wie glücklichen Erfolg mit sich. Die dauernden Stätten, Zeitgenossen verschiedener Jahre, finden wir besser in uns selbst.“

© 2010 Jennifer Egan: Der größere Teil der Welt.

Zeugen

„Da es keine Zeugen gab, und wenn, ist nicht bekannt, dass man sie gerufen hätte, um uns zu erzählen, was geschehen war, ist die Frage verständlich, wie man erfahren konnte, dass sich all dies so und nicht anders zutrug, und die Antwort ist, dass alle Berichte so sind wie die von der Schöpfung der Welt, niemand war dabei, niemand hat es gesehen, aber alle wissen, was sich ereignet hat.“

© 1995 José Saramago, Die Stadt der Blinden.

Worte und Werke

„[…] Es war meine Schuld, sagte sie weinend, und das stimmte zweifellos, es stimmte jedoch auch, falls ihr dies ein Trost ist, dass wir uns schon beim ersten Gedanken kaum vom Fleck rühren würden, könnten wir immer alle Folgen unseres Handelns voraussehen, würden wir ernsthaft darüber nachdenken, zunächst über die unmittelbaren Folgen, dann die möglichen, die wahrscheinlichen, die vorstellbaren. Gute und schlechte Ergebnisse unserer Worte und Werke verteilen sich, vermutlich auf eine recht gleichförmige, ausgeglichene Weise, über alle Tage der Zukunft, eingeschlossen auch jene endlosen, an denen wir schon nicht mehr hier sein werden, um dies zu überprüfen, uns zu beglückwünschen oder zu entschuldigen, übrigens gibt es sogar Menschen, die sagen, eben das sei die Unsterblichkeit, von der so viel geredet wird […]“

© 1995 José Saramago, Die Stadt der Blinden.

Finstere Krater

„Wie ein Rudel Wölfe, die plötzlich erwachen, tobten die Schmerzen in alle Richtungen davon, um dann in den finsteren Krater zurückzukehren, aus dem sie sich nährten.“

© 1995 José Saramago, Die Stadt der Blinden.

Wunde

„Der Verband störte ihn, und die Wunde pochte so heftig, als hätte das Herz seinen Platz gewechselt und befände sich nun in der Wunde.“

© 1995 José Saramago, Die Stadt der Blinden.

Unheil

„Ich begriff, dass ich das Gleichgewicht des Tages, das ungewöhnliche Schweigen des Strandes zerstört hatte, an dem ich glücklich gewesen war. Dann schoss ich noch viermal auf einen leblosen Körper, in den die Kugeln eindrangen, ohne dass man es sah. Und es waren gleichsam vier kurze Schläge an das Tor des Unheils.“

© 1948 Albert Camus: Der Fremde.

Abreise

„Gerüche nach Nacht, Erde und Salz erfrischten meine Schläfen. Der wunderbare Frieden dieses schlafenden Sommers drang in mich ein wie eine Flut. In dem Moment und an der Grenze der Nacht haben Sirenen geheult. Sie kündigten Abreisen in eine Welt an, die mir jetzt für immer gleichgültig war.“

© 1948 Albert Camus: Der Fremde.